Allgemeine Daten
|
|
Signatur | |
↳ neu | Ms. or. oct. 1108 |
Typ | Handschrift |
Formtyp | Kodex |
Inhaltliche Beschreibung und Geschichte der Handschrift
|
|
Sprache | Arabisch |
Schrift | Arabisch |
Titel | |
↳ wie in Referenz | [كتاب الإنجيل] |
[Kitāb al-Inǧīl] | |
Vollständigkeit | fast vollständig |
Textanfang wie in Hs. | : Bl. 1a
للناس صايم * لكن لابوك[!] الذي في العلانية * لا تكنزوا لكم كنوز فى الارض حيث السوس والفساد * وحيث يخفو الاسراق ويسرقون اكنزوا لكم كنوز فى سماوات * حيث لا سوس ولا فساد * وحيث لا سرق سارق ولا تسرقون * وحيث كنوزكم هناك فلتكم قلوبكم |
Thematik | Christentum |
Inhalt | Die hier vorliegende Berliner Hs. gehört zu einer Gruppe von nahezu vollständigen Handschriften und Fragmenten, die zu den ältesten erhaltenen Gesamtevangelien in arabischer Übersetzung nach einer gemeinsamen griechischen Vorlage zählen. Die Berliner Hs. wurde im Jahr 1909 von Paul Kahle (1875-1964) für die Preussische Staatsbibliothek erworben. Die Übersetzung der Evangelien ist nicht ganz vollständig auf uns gekommen, denn das Matthäusevangelium setzt bei Kapitel 6, Vers 18 ein. Bis auf das Matthäusevangelieum ist am Ende der restlichen drei Evangelien festgehalten worden, an welchem Ort ihre Übersetzung beendigt wurde: Das Markusevangelieum wurde in Rom, das Lukasevangelieum in Alexandria und das Johannesevangelieum in Ephesos vollendet. Baumstark (1920/30) arbeitete heraus, das die liturgischen Lektionen, in denen die Evangelien der Handschrift unterteilt sind, eng der frühen christlich palästinisch-aramäischen Tradition folgen.
Unterschiedliche Auslegungen hat das Kolophon und darin das angeführte Datum erfahren. Im Kolophon ist u.a. zu lesen: تم نسخ الاربعة اناجيل المقدسة في نصف الصوم المقدس لصاحبها اسطفان بن فرنخ الانطاكي المعروف بالروسر؟ كان علماني وفي وقت نسخ الانجيل المقدس اتراهب؟ وصار اسمه ارساني ... وكتبه له خاطي مسكين ... شيخ من اهل السواد يعرف بسرور بن فرنخ ... وكان ذلك في شهور سنة ثمان وثلثين واربع ماية الهلالية Die Abschrift der Evangelien wurde Mitten in der Zeit des heiligen Fastens für ihren Besitzer Usṭufān ibn Farnaḫ al-Anṭākī, bekannt als الروسر؟ fertiggestellt. Dieser war weltlich/Laie (ʿalamānī). Während der Anfertigung wurde er Mönch und sein Name zu Arsānī. Ein armer Sünder, ein šaiḫ der "ahl as-Sawād" (Leute aus dem Süden Iraks mit dunkler Haut), bekannt als Surūr ibn Farnaḫ? schrieb für ihn die Evangelien ab. Dies war im Jahr 438 al-hilālīya. Georg Graf (1944) fasste das Datum als muslimische Zeitrechnung auf, so dass die Jahreszahl unserer Zeitrechnung den Jahren 1046-47 entspricht. Ronny Vollandt (2016) übernimmt die Deutung des Datums von Georg Graf und weist als Schreiber Usṭufān ibn Farnaḫ al-Anṭākī aus, der nach seiner Meinung die Handschrift wahrscheinlich im Mar-Saba-Kloster (im Gouvernement Bethlehem in der West Bank) angefertigt haben soll. Auf die Zusatzinformationen zu Usṭufān al-Anṭākī und die andere genannte Person im Kolophon geht er nicht ein. Naser Musa Dahdal (2012) meldet bezüglich der Zeitumrechnung Zweifel an. Der Ausdruck "al-hilālīya" verweise zwar auf einen Mondkalender, der aber nicht zwangsläufig der muslimische sein müsse, da sich die Araber vor dem Islam auch auf den Mond für ihre Zeitberechnungen stützten. Zudem sei die Formulierung des Kolophons eindeutig christlich geprägt. Für ihn ist das Datum vorislamischer Zeit. Es geht auf die Zeitrechnung der Christen von Bostra zurück, die im Jahr 106 begann. Bostra war die Hauptstadt der Provinz Arabien, die zu den kaiserlichen Provinzen des Römischen Reiches gehörte. Nach Dahdals Meinung verwendeten die Christen der Provinz Arabien den Kalender von Bostra, berechneten aber ihre Monate und Jahre nach dem Mond. Danach würde das Datum der Handschrift den Jahren 542-43 entsprechen. Dahdals Interpretation des Datums liegt die Annahme zu Grunde, dass das Kolophon sich nicht auf die hier vorliegende Abschrift bezieht, sondern auf die Kopie, die unserem Text als Vorlage diente. Dahdal setzt nämlich den im Kolophon genannten Usṭufān al-Anṭākī mit Arsenius dem Großen (gest. ca. 450) gleich, den er als Übersetzer und Besitzer dieser Evangelien deutet. "Zu dessen Ehren" fertigte Surūr ibn Farnaḫ? (Dahdal schlägt selber keine Lesart des Namens vor) die Vorlage zu unserer Abschrift an. Als erhärtenden Beweis führt er den Stiftungsvermerk auf der Rückseite des ersten Vorsatzblattes an, der allerdings auf Pergament geschrieben und nicht wie der Text der vier Evangelien auf Papier. Darin vermacht ein Arsānī eine Handschrift der vier Evangelien als Stiftung einem heiligen Ort, der auf dem Pergament ausradiert wurde. Laut Dahdals Auslegung ist das dort erwähnte gestiftete Manuskript die Vorlage, nach der der unbekannte Schreiber den Text der Evangelien der Berliner Handschrift abschrieb. |
Gliederung / Faszikel | Bl. 1a-52b:
بشارة متاوس المقدس الإنجيل الطاهر (من الباب ٦, الآية ١٨) Bl. 53a-90b: بشارة مرقس المقدس الإنجيل الطاهر Bl. 90b-154a: بشارة لوقا [المقدس] الإنجيل المقدسس Bl. 154b-206a: بشارة يـ[ـو]حنا [المقدس] الإنجيل الطاهر |
Einträge/Stempel | Bl. IIb: lateinisches Inhaltsverzeichnis
Bl. I und V aus beschriebenem Pergament: Die Rückseite von Bl. I enthält einen Stiftungsvermerk, der besagt, dass ein Arsānī die vier Evangelien einem Ort stiftete, dessen Name oder nähere Bestimmung leider auf dem Pergament ausradiert worden ist. Die Vorderseite von Bl. V beginnt mit der Basmala, danach heißt es weiter "es bezeugte (šahada) ..." Bl. 206b: Leservermerk in Bleistift: نظر فى هذا الانجيل الشريف الفقير .... حسين خضر / حصن صحبة قدس الدرسيمندريتي / الدرسيمندريتي ... |
Editionen/Literatur | Baumstark, Anton: "Die sonntäglichen Evangelienlesungen im vorbyzantinischen Jerusalem", in: Byzantinische Zeitschrift 30 (1929/30) S. 350-50
Graf, Georg: Geschichte der christlichen arabischen Literatur. Erster Band. Die Übersetzungen. Città del Vaticano 1944, S. 142-46 Levin, Bernhard: Die griechisch-arabische Evangelien-Übersetzung Vat. Borg ar. 95 und Ber. orient. oct. 1108. Uppsala 1938 Dahdal, Naser Musa: "Research on the Arabic Version of the New Testament until today", in: Dahdal, Naser Musa: Die Überwindung von Elend, Krieg und Tod. Johann Ludwig Schneller. Die Geschichte eines ausserordentlichen Mannes. Endingen 2012, S. 81-110 Orientalische Bibelhandschriften aus der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz. Eine illustrierte Geschichte. Hrsg. von Meliné Pehlivanian, Christoph Rauch und Ronny Vollandt. Berlin 2016, S. 130, 134-35 |
Äußere Beschreibung
|
|
Anzahl der Bände | 1 |
Einband | Material : christlich-orientalischer, hellbrauner Ledereinband; Vorder- und Rückdeckel aus Holz, das mit Leder überzogen worden ist; Rückdeckel erneuert mit braunem Leder; Ornamentik der Deckel in Blindpressung und Ritztechnik: Umrahmungsleiste aus Herzblattstempelpaaren, die sich innen an den spitzen, unteren Enden und außen an dem gerundeten, oberen Ende eines der Herzblätter des nächsten Paares berühren, in der Mitte des so entstandenen rechteckigen Felds befindet sich ein Sechspass, durchzogen von einer horizontalen Linie und zwei gekreuzten vertikalen Linien sowie gefüllt mit Flechtwerk, in den Ecken des rechteckigen Feldes je ein Kreis mit Inschrift; an den Deckeln sind noch die Löcher für die Verschlussriemen vorhanden |
Blattzahl | I-II, 206, III-V Bl. |
Blattformat | 13 x 18,5 cm |
Textspiegel | 11 x 16 cm |
Zeilenzahl | 15 |
Schrift | |
↳ Ausführung | Verstrenner roter Kreise; Überschriften, Leitsätze und der Hinweis auf Anfang und Ende des jeweiligen Evangeliums in Rot |
Anmerkungen | Link zur Kurzbeschreibung und zum Digitalisat der Handschrift in der Datenbank Orientdigital der Staatsbibliothek zu Berlin:
http://orient-digital.staatsbibliothek-berlin.de/receive/SBBMSBook_islamhs_00017527 |
Teilprojekt | KOHD Arabische Handschriften |
Technische Daten
|
|
Bearbeiter | Wiesmüller |
Statische URL | https://orient-kohd.dl.uni-leipzig.de/receive/KOHDArabicMSBook_manuscript_00000497 |
MyCoRe ID | KOHDArabicMSBook_manuscript_00000497 (XML-Ansicht) |
Anmerkungen zu diesem Datensatz senden |